Samstag, 25. Dezember 2010

Spurensuche

Schnee ist etwas Tolles.
Alles glitzert weiß und rein, die Welt scheint ein wenig das Tempo aus allem herausgenommen zu haben und bewundert die unglaubliche Pracht.
Beim Spaziergang durch den Winterwald kommt man nicht umhin, die vielen Spuren im Schnee zu entdecken und seine Trappereignung zu testen – Fuchs, Has’, Reh…… oh, menschliche Zivilisationsspuren…

(Es ist ja auch wirklich viel verlangt, seinen Müll bis zum nächsten Mülleimer mitzunehmen.
Wozu auch, wenn der Schnee ihn so großzügigst bedeckt…)

….. Vogelspur (Amsel?), hier und da die Pfotenabdrücke eines Hunde…..

Doch während man in solchen Momenten mit sich und der Natur nahezu im Reinen ist (nahezu deswegen, weil man nach einigen Stunden Spaziergang die Nässe in den angeblich wintertauglichen Outdoorboots dann doch nicht mehr ignorieren kann), ergibt sich ein ganz anderes Bild bei anderer Gelegenheit:

Schon mal Autofahrbahnspuren im Schneesturm gesucht? Ist ein tolles Spiel. Ehrlich!
Neulich konnte ich mich direkt daran ergötzen.
Donnerstagabend, ca. 19:30 Uhr, A5 bei Frankfurt.
Ich hätte schwören können, es wäre mittags noch eine vierspurige Autobahn gewesen. Irgendwo da, vor bzw. unter dem Lichtkegel meiner Scheinwerfer………
Über das Lenkrad gebeugt als hätte ich eine Sehschwäche mit -50 Dioptrien fuhr ich an jenem Abend nach der Arbeit im Büro wie immer hochkonzentriert auf die A5 auf…… und war verblüfft.
Innerhalb von wenigen hundert Metern bot sich mir eine Bandbreite an möglichen Fahrspuren in der Zahl von zwei bis fünf. Und das ganz ohne Alkohol am Steuer!!
Das letzte Mal durfte ich so etwas im Straßenverkehr in Istanbul erleben.  Mein Auto, das tatsächlich mal einen Vorbesitzer entsprechender Nationalität gehabt hatte, begrüßte meinen erstaunten Ausruf denn auch gleich mit einem begeisterten Seitenhüpfer.
Wir einigten uns dann aber doch wieder darauf, beide der Kategorie Mittelhessenimmigranten anzugehören und konzentrierten uns gesittet wieder auf die wesentlichen Dinge des Lebens – genaugenommen der existentiellen Frage: wo zum Geier sind wir? Was machen wir hier? Wo wollen wir hin? UND WER HAT DIE FAHRBAHN GEKLAUT???

An dieser Stelle möchte ich einigen LKW-Fahrern meine Hochachtung aussprechen. Souverän und zielsicher pflügen ihre vielrädrigen Mammutmonster durch die Schneepracht, ihr Kielwasser…pardon, Kielschnee ermöglicht denn auch einem kleinen Corsa ein zügiges Durchkommen.
Weniger Hochachtung möchte ich denjenigen LKWlern  und Autofahrern aussprechen, die trotz fortgeschrittenem Alter und somit eigentlich entsprechendem Erfahrungsschatz auf Deutschlands Straßen (sorry, aber ich kenne wirklich keine Fahranfänger mit Klopapierrollenabdeckdingern im Heck!) noch nicht realisiert haben, dass Fahren im Schnee auf einer deutschen Autobahn mitnichten dazu dient, Reifentests auf zugefrorenen finnischen Seenplatten die Konkurrenz zu machen.
Ha, diese Genugtuung, wenn man dann, immer schön dem entsprechenden polnischen/britischen/französischen/deutschen Nummernschild des jeweiligen Zugtieres folgend, an einem dieser Kandidaten (bevorzugterweise ein Auto deutscher Herstellung in oberer Preisklasse fahrend) vorbeigleitet, von dem bis auf das Heck nicht mehr viel zu sehen ist -  der Rest versteckt sich schamhaft auf der anderen Seite der Leitplanke. Oder Schneewehe…… Ich liebe dieses Wetter!

Letztendlich, nach stundenlanger Schleichfahrt über Land nähert man sich dann schließlich doch seiner Heimat und kann beim Stapfen durch die Schneewehen zur Haustür (verdammt, wieso ist der Weg auf einmal so weit? Und wieso halten eigentlich Imprägniersprays für die neuen Schuhe nie, was sie versprechen??) nochmals kurz Old Shatterhand Fähigkeiten auffrischen (oh, wir haben wohl einen Marder den Spuren nach!), bevor man bei dem Versuch, die Haustür mit vor Kälte zittrigen und versteiften Fingern aufzuschließen, kurz  zu Old Shakerhand mutiert (wie kann das Schloss auf einmal so klein sein?) – und zu guter Letzt doch noch in Frosty, the Snowman-Tour ins heimische Wohnzimmer stolpert….

Doch liegt man dann am Ende des Tages entspannt auf der Couch und schaut mit einer Tasse heißer Schokolade mit einem Schuß Rum, umhüllt von sanftem Kerzenschein und dem Klang von Hans Zimmer-Soundtracks im Ohr, entspannt nach draußen, kommt man nicht umhin, staunend die weiße Pracht draußen zu bewundern und in perfekt zwei- bis dreistimmiger (je nach Rumanteil im Kakao) Weise leise vor sich hinzuträllern: „Iiiiiaaaaaam dreeaaaaaaming of a whiiiiiiiteeeee Christmaaas….“

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